Leichentuch Mittelmeer

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oedt/abs. Der spanische Dichter Lope de Vega schrieb 1619 die Komödie: Fuente Ovejuna. Die Einwohner von Fuente Ovejuna töten ihren Gouverneur, weil sie seine Tyranneien nicht mehr ertragen konnten. Sie stellten es aber so geschickt an, dass das Gericht nicht heraus bekommen konnte, wer der Mörder war. Auf die Frage des Richters, wer denn der Haupttäter war, sagten sie lapidar: „Fuente Ovejuna, hohes Gericht“. Und so wurde niemand verurteilt, weil alle und niemand die Tat begangen hat.

In unserer globalisierten Gleichgültigkeit, der Gier nach immer mehr Wohlstand und Wachstum, macht uns alle Gesichts- Namen- und verantwortungslos. Jeder wäscht seine Hände in „betroffener Unschuld“. Sie zeigen mit dem Finger auf jene Helfer und möchten sie zu Schuldigen zu machen. Sie, die unter Lebensgefahr versuchen, diese brutale Politik abzumildern. Eine Politik der Unmenschlichkeit, Brutalität und Gleichgültigkeit. Eine Gleichgültigkeit, wie wir sie nur noch aus den Anfängen der Nazizeit kennen.

Wohlstand durch Ausbeutung

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Sie palavern davon, Fluchtursachen bekämpfen zu wollen. Vor Ort und effektiv. Damit meinen sie aber nur eine menschenunwürdige Abschottung denen gegenüber, die sie zuvor ausgebeutet haben. Sie werfen „Almosen in den Hut“, das sie mit der anderen Hand wieder stehlen. Sie lassen zu, dass ganze Landstriche veröden. Für unsere „Geiz ist geil“ Gesellschaft bauen sie Monokulturen an. Durch den Export von unserem Abfall werden gewachsene Infrastrukturen zerstören. Sie zerstören nicht nur eine lebenswerte Gesellschaft in ihren „Kolonien“. Sie zerstören dadurch auch die Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit im eigenen Land. Sei es durch immer größere Tierfabriken und die damit einhergehende Verseuchung der Böden und dadurch das langsame, aber unaufhörliche Vergiften unseres Wassers. Rücksichtslos und ohne Skrupel wird als oberste Priorität eine Gewinnmaximierung vollzogen, in der die Menschheit nur verlieren kann.

Obwohl weltweit etwa 8 Millionen Menschen nicht genug zu essen und/oder zu trinken haben, etwa 2 Milliarden Menschen an Mangelernährung leiden, landen trotzdem jährlich 1,3 Milliarden Tonnen Nahrungsmittel auf dem Müll. Alleine im Wohlstandsland Deutschland vernichten wir durchschnittlich pro Sekunde ca. 300 Kilogramm Essen.                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Dem gegenüber steht die wachsende Zahl der Tafeln für Bedürftige in Deutschland. 1993 begannen die Tafeln mit einer Ausgabestelle und erhöhten sich, besonders durch eine falsche Sozialpolitik, bis 2016 auf 917.  Auch hier wird von der Politik nicht die Ursache bekämpft, in dem Menschen in einer armutsfreien und Bedarfssicherung leben können, sondern es wird nur die Armut verwaltet und notwendige Hilfen auf die Tafeln verschoben. So wird auch hier die Armut, die Stigmatisierung der Menschen eine gesellschaftliche Normalität, wie die Ausbeutung anderer für unseren sogenannten Wohlstand.

Ein Bild, das um die Welt ging. Kurz, sehr kurz durfte man sich entrüsten

Die meisten von uns gehen auf die Barrikaden, wenn sie Berichte lesen, in der Kinder gequält, verstümmelt oder sogar getötet werden. An Stammtischen, soziale Medien und Leserkommentare sind die Schreie nach „Rübe ab“ nicht zu überhören und brutalste Straffantasien, wie sie sich kein Krimiautor perverser ausdenken kann, sind an der Tagesordnung und werden verbal unterstützt. Im gleichen Atemzug aber lassen wir es zu und ignorieren es, dass ein paar Flugstunden entfernt, Kinder und Jugendliche gezwungen werden, für das Gedenken an unsere Verstorbenen, für unsere „Wohlfühloasen im Garten und sogar öffentliche Plätze, unter Gefahr für Leib und Leben in Steinbrüchen zu schuften, um diese Steine zu brechen, weil sie ein paar Cent billiger sind. Teilweise mit Werkzeugen, die schwerer und größer sind, als die Kinder selbst.

Altkleidercontainer quellen über und Textilen haben für uns kaum noch einen Wert. Können wir uns doch bei den „Billigheimer“ für rund 30,00 € komplett einkleiden. Unter welchen Umständen diese Hosen, Shirts, Unterwäsche, Strümpfe oder Schuhe hergestellt werden, verdrängen wir, wenn wir die Wühltische erstürmen. Vergessen die Frauen und Mädchen, die unter Trümmern begraben wurden, weil für die Hersteller in Bangladesch ein Leben kaum wert hat. Vergessen auch die Kinder und Jugendliche in Indien, die bei einer Öl Funzel Lederbälle für unsere Ertüchtigung oder Ledertaschen herstellen, die ja so günstig und schön sind. Auch billige Schuhe aus China, in der die Menschen zur Sklaverei verschleppt werden, kaufen wir. Auch wenn sie nur ein paar Wochen schön aussehen. Dann kommen sie eben in den Altkleidercontainer – und wir tun so ein vermeintlich gutes Werk. Die armen in Afrika und Asien bekommen dann endlich was „gescheites“ zum Anziehen. Dass dieser Schrott, mit dem dort die Märkte überflutet werden, nur den Händlern in Deutschland und einer Handvoll „Großhändler in Afrika oder Asien zugutekommt, verdrängen wir. Wir verdrängen auch, dass dieser Wohlstandsabfall schon mal diese Länder gesehen hat und wir mit dieser „Spende“ die komplette gute heimische Textilindustrie zerstören, Fabriken und Geschäfte schließen müssen und entziehen vielen Menschen in den Regionen ihre Lebensgrundlage.

 

Auf dem Pennymarkt in Grefrath
Auf dem Pennymarkt in Grefrath

„An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“.

hhach / Pixabay“Vom deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“, sagte einst Bundeskanzler Willy Brandt.

„Vom deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“, sagte einst Bundeskanzler Willy Brandt. Was hat sich seit dem alles verändert! Beteiligungen an Kriegen werden von Meinungsmacher und politische Entscheidungsträger schön geredet. Angstszenarien in politischen Sonntagsreden herausbeschworen. Das die Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zu einer kriegsführenden Armee umgebaut wurde, geht so leicht unter. Es wird gepredigt Deutschland soll mehr Verantwortung übernehmen. Wir müssen Demokratien herbeiführen und terroristischen Gefahren verhindern. Dabei geht es so weit, dass die Gedanken, Militär im eigenen Land einzusetzen, salonfähig geworden sind.

Die Ursachen von Krieg, Gewalt und Flucht bekämpfen? Fromme Worte, doch erbärmliche Lügen! Lügen, die seit 1955 den Menschen erzählt wird. Der sogenannte „Kalte Krieg“ ermöglichte es, das Deutschland, dessen Schuld an etwa 55 Millionen Kriegstote hatte und trotz Potsdamer Abkommen, schon wieder zur Militärmacht aufstieg und der Nato beitrat. Stillschweigend wurden eigene Rüstungsproduktionen und der Export von Kriegsmaterial, von den Alliierten geduldet und sogar gefördert.

Obwohl nach einer Emnid Umfrage weit über 80 Prozent der Deutschen den Waffenexport ablehnen, belegt Deutschland weltweit einen der vorderen Plätze im Exportieren von Waffen und Waffenbestandteile. (Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI) Die Rüstungsindustrie und der Tod! Ein Exportschlager der Deutschen. Mehr als die Hälfte aller Waffenexporte gehen in sogenannte Drittländer. Länder, die teilweise massiv Menschenrechte verletzen und/oder in Kriegshandlungen verstrickt sind. Doch für die Bundesregierung, die Exportgenehmigungen am laufenden Band genehmigen, sind Umsatz Maximierung und „gute“ Beziehungen (Öl, Bodenschätze) weit mehr wert, als Frieden und menschliche Leben. Dabei sind die Maßstäbe und Grundsätze des Kriegswaffenkontrollgesetzes und die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ sehr eindeutig. So werden in den „Politischen Grundsätzen“ Waffenlieferungen an Staaten, die die Menschenrechte verletzen und den Terrorismus fördern, explizit ausgeschlossen. Trotzdem segnet der Bundessicherheitsrat auch solche Geschäfte immer wieder ab. Diese, im Grunde vernünftigen Grundsätze, verkommen immer mehr zu einem Anbiedern an Lobbyisten und Wirtschaftsunternehmen. Bei dieser Geheimbündelei der (Sicherheitsrat) der auch die Bundeskanzlerin, der Chef des Bundeskanzleramts sowie der Außenminister, der Innenminister, der Justizminister, der Finanzminister, der Wirtschaftsminister, die Verteidigungsministerin und der Entwicklungsminister angehören, bekommt das Parlament, meistens erst Monate Später, diese Entscheidungen durch den Rüstungsbericht, mitgeteilt.

So wie 1945 Millionen Deutsche vor den Sowjets flüchteten, flüchten heute Millionen Menschen vor unbeschreiblichen Gräuel,Krieg, Hunger, Folter und Tod

2016 stiegen laut des internationalen Friedensforschungsinstituts SIPRI, die weltweiten Rüstungsausgaben auf unvorstellbare 1,6 Billionen Euro. Zur Erinnerung: Um den Hunger auf der Welt auszurotten, würden 239 Milliarden Euro, das sind mal gerade 0,3 Prozent der Weltwirtschaftsleistung, reichen (FAO (Welternährungsorganisation). Doch wir bauen lieber Bomben, Raketen und andere Mordinstrumente. Dabei wäre dies eine Summe, die noch unter der Steigerungsrate der Militärausgaben von 2015, liegt. Und das alles, obwohl es weltweit 28 kriegerische Auseinandersetzungen und ungezählte, gewalttätige, zum Teil regionale Konflikte gibt.

Durch diese menschengemachte Auseinandersetzungen sind weltweit etwa 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Die weltweiten Krisenherde kommen nicht zur Ruhe und schaffen Generationen von Flüchtlingen. Und es werden täglich mehr, so dass Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR). Pro Minute werden 24 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Das sind täglich 34 000 Frauen, Männer und Kinder. Das Resümee von UNHCR ist, das die Weltpolitik, seit Ende des Kalten Krieges immer weniger fähig ist, Konflikte zu lösen.

Und wir im sicheren und reichen Europa? Wir fühlen uns in unserer Humanität überfordert, obwohl wir den kleinsten Teil der Flüchtlinge aufnehmen sollten. Wir bauen Europa zur Festung um und lassen Menschen zu Tausenden im Mittelmeer ersaufen.  Le monde diplomatique spezifiert für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis heute die Zahl der Toten auf 23.258. Davon starben Hunderte an Hunger oder Durst. Erstickten in LKWs, oder wurden beim Überqueren von Minenfelder getötet. Doch die meisten Flüchtlinge sind ertrunken.

Dabei werden Stimmen laut, auch aus Deutschland, die Waffengewalt gegen Flüchtlinge einsetzen wollen. Erst vor einigen Tagen ging diese Meldung durch die Presse:

„In jede dieser Zonen werden wir jeweils eine bewaffnete Truppe in Kompaniestärke schicken, die den entsprechenden Grenzabschnitt bewachen soll. Da werden auch hoch spezialisierte Kampftruppen dabei sein“, sagte Karakachanov, der stellvertretender Ministerpräsident seines Landes ist. Insgesamt sollen demnach bis zu 600 Soldaten eingesetzt werden. „Wir haben in der Praxis gesehen, dass das Militär bei der Grenzsicherung effektiver ist als Polizisten“, sagte der Politiker. Karakachanov kündigte auch eine bessere Überwachung von Migranten an: „Wir wollen verstärkt Videokameras, die auch nachts funktionieren, und Drohnen einsetzen, um die Bewegung der Migranten besser verfolgen und rechtzeitig eingreifen zu können.“ Bulgarien hat eine Landgrenze mit der Türkei. Auch nach der weitgehenden Schließung der Balkan-Route und dem Flüchtlingsabkommen zwischen EU und Türkei versuchen Migranten, über die Grenze nach Bulgarien zu kommen – und von dort meist weiter nach Mitteleuropa. Der Verteidigungsminister kritisierte, dass die Europäer es bisher nicht geschafft hätten, die Mittelmeerroute für Migranten zu schließen: „Wir können nicht zulassen, dass weiterhin illegale Migranten massenweise nach Europa kommen. Wir sollten in Italien und Griechenland Truppen von Nato oder EU einsetzen und die Außengrenzen der Europäischen Union notfalls mit Waffengewalt verteidigen. Wenn die illegalen Migranten dann sehen, dass sie nicht mehr durchkommen und keinen Fuß mehr auf europäischen Boden setzen können, werden sie zu Hause bleiben.“ Die große Mehrzahl der Menschen, die Europa über das Mittelmeer erreichten, seien „Wirtschaftsmigranten“: „Sie werden nicht verfolgt, sie brauchen keinen Schutz für ihr Leben, sie wollen lediglich in einem reichen Land leben.“ 

Und so decken wir schweigend das Leichentuch über das Mittelmeer. Niemand legt einmal im Jahr, in einer Feierstunde, einen Kranz nieder: „Zum Gedenken an den unbekannten Flüchtling“.

Wir vergessen einfach unsere Menschlichkeit.

 

Schüsse auf Flüchtlingsretter vor Libyen

„Koalition der Schande“

Private Flüchtlingsretter sollen blockiert werden. SPD, Grüne und Linkspartei kritisieren das Schweigen der Kanzlerin angesichts dieses Versuchs.

Eine Krankenschwester hält ein Kind auf dem Arm auf einem Schiff

Dieses Kind wurde am 1. August vor Libyen gerettet. Nun sind keine Retter mehr da Foto: dpa

BERLIN taz | SpitzenpolitikerInnen von SPD, Grünen und Linkspartei kritisieren die Politik der Europäischen Union in der Debatte über die Flüchtlingsrettung vor der libyschen Küste scharf – und verurteilen Angriffe auf Schiffe von Flüchtlingshelfern.

http://www.taz.de/Schuesse-auf-Fluechtlingsretter-vor-Libyen/!5441518/

 

 

Update

MONITOR vom 24.08.2017

Grenzen dicht in Afrika: wie die EU Flüchtlinge vom Mittelmeer fernhalten will

Bericht: Shafagh Laghai, Gitti Müller, Ralph Hötte

Georg Restle: „Die Mauer, die Sie da hinter mir sehen, könnte bald zu einer der wichtigsten Außengrenzen Europas werden. Sie liegt aber nicht in Spanien oder Griechenland, sondern mitten in Afrika; im Niger. Mit europäischer Hilfe soll diese Grenze jetzt zu einem mächtigen Schutzwall gegen afrikanische Flüchtlinge ausgebaut werden. Das Mittelmeer ist dank libyscher Milizen ja schon so gut wie dicht. Aber jetzt will die Bundesregierung den Abwehrriegel so weit wie möglich in den afrikanischen Kontinent treiben. Ein undurchdringlicher Grenzwall von Mauretanien im Westen bis nach Äthiopien im Osten. Dabei schreckt man jetzt nicht mal mehr davor zurück,

http://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/grenzen-dicht-in-afrika-100.html

 

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