Grefrath. (abs2014)   Unser Haus zerfällt und überall sieht man den Zahn der Zeit. Dachrinnen sind kaputt und das Mauerwerk bröckelt ab. Dachziegel sind gebrochen und fliegen beim nächsten Sturm herunter. Türen und Fenster verziehen sich jedes Jahr mehr, so dass die 30 Jahre alte Heizung, die schon einige Male vom Schornsteinfeger moniert wurde, 365 Tage im Jahr ächzend ihren Dienst verrichten muss, bis sie ihren Geist aufgibt oder still gelegt werden muss. Doch dieser traurige Zustand wird durch die Freude verwischt, das Heute endlich die neuen Autos für Frau und Tochter ausgeliefert werden. Die Haussanierung muss halt noch einige Jahre warten. Hauptsache wir können zeigen, was wir haben…
So und nicht anders sehe ich das Ansinnen der schwarz/gelben Mehrheit in Grefrath für einen zweiten Kunstrasenplatz. Dabei hat die Kommunalaufsicht in ihren Brief gerade dieses Ansinnen kritisiert! Laut Kommunalaufsicht reichen die geplanten Maßnahmen nicht aus, die finanzielle Situation unserer Gemeinde ausreichend zu stabilisieren. Der solle zügig und nachhaltig an der Konsolidierung des Haushaltes arbeiten. Doch was interessiert uns die Kommunalaufsicht? Hauptsache wir bleiben unserer Klientelpolitik, wie seit Jahrzehnten, treu. Der Bürger wird es schon zahlen und bis zur nächsten Wahl vergessen haben. So wie Schäuble Banken rettet, auf Kosten der Bürger und nicht der Verursacher, oder die FDP ihre „Lex Mövenpick“ als großen Wurf verkaufen wollte.
Auch etwas Verschweigen ist eine Unwahrheit.
So jongliert man mit Zahlen herum, die je nach Betrachtungsweise schön- oder wenn es dann passt, schlecht geredet werden. So schreibt die CDU z.B. als es um den Rathauskauf ging: “ Die Kostenplanung ist nicht seriös.( http://www.cdu-grefrath.de/archiv/2013/311-der-cdu-standpunkt-alternativen-zum-rathaus-kauf ) Die Kostenplanung in Höhe von 2,15 Mio. Euro wurde nicht von unabhängigen Sachverständigen ermittelt, sondern von dem Architekten, der das Gebäude erbaut hat, und von der Verwaltung nur grob geschätzt. Was passiert, wenn diese bereits hohen Mittel für Umbau und Umzug nicht ausreichen?“ Nur bei einem Kunstrasenplatz gilt dieses Ansinnen nicht.
Und die wichtigen Fragen werden nicht beantwortet oder so verklausuliert, dass niemand etwas damit anfangen kann. Da sind z.B. sämtliche Folgekosten, die im Laufe der Jahre auf alle Bürger zukommen (von Steuererhöhungen einmal abgesehen).
So müssen Reparaturen von Fachfirmen ausgeführt werden. Wer bezahlt das?
Alle 3-4 Jahre muss Granulat (ca. 10 Tonnen) aufgefüllt werden. Kostenpunkt ca. 11 000 €.
Z.B.: ( http://www.freiepresse.de/LOKALES/ERZGEBIRGE/STOLLBERG/Kunstrasenplatz-Granulat-muss-erneuert-werden-artikel8886830.php ) Wer bezahlt das?
Kunstrasen muss feucht gehalten werden, damit das Granulat sich nicht verfestigt. Wer bezahlt das?
Wenn die Unterschicht sich verhärtet hat (10-12 Jahre) muss der Unterboden neu bearbeitet werden. Dann kann man nicht einfach den „Teppich“ hochheben, sondern muss alles erneuern. Wer bezahlt das?
Nach 12-15 Jahren muss ein neuer Belag plus Granulat aufgebracht werden. Wer bezahlt das?
Alter Kunstrasen und Granulat ist Sondermüll und muss entsprechend entsorgt werden. Wer bezahlt das?
Granulat besteht sehr oft aus gefrosteten Autoreifen, wenn es preiswert sein soll. Autoreifen sind PCB haltig. PCB ist hoch giftig und sickert in unser Grundwasser oder wird auch eingeatmet oder von der Haut aufgenommen. (http://www.bfr.bund.de/cm/343/autoreifen.pdf) Wer bezahlt dies?
Für eine Kosten-Nutzung-Rechnung setzt man mindestens 30 Jahre an. Doch ein Kunstrasenplatz muss schon nach der Hälfte der Zeit erneuert werden. Wer bezahlt das?
Doch für mich die wichtigste Frage, wichtiger als Kosten und andere Berechnungen: was steckt dahinter, das Schwarz/Gelb sich weigert einen Sportentwicklungsplan erstellen zu lassen? Im Kulturbereich möchten sie von der Verwaltung jede nur erdenkliche Zahl haben, doch bei der Entwicklung der Sportvereine gibt es dieses Ansinnen nicht. Was befürchten sie? Das ihr Kartenhaus von „Sport-und Freizeitgemeinde“ zusammen fallt? Oder ihr Jahrzehnte langer Lobbyismus sich als falscher Weg heraus stellt? Wer unternehmerisch denkt (denken kann) untersucht erst einmal den Bedarf und dann kommt nach Ergebnis evtl. das Produkt. Und nicht umgedreht. Sicher gibt es akut einen Bedarf, weil gerade genügend Spieler zur Verfügung stehen. Wir haben aber auch einen Bedarf nach einer angemessenen Unterbringung der Verwaltung, nach der Instandhaltung der maroden Schulen, nach der Reduzierung unserer Energiekosten. Und wird hier von Schwarz/Gelb gehandelt? Nein!
Wie viele Menschen in Grefrath spielen in 15, 20 oder 30 Jahren noch Fußball, wenn sich in den letzten 10 Jahren die aktiven Spieler schon halbiert haben? Jetzt in einer Zeit, wo gerade Jugendliche ganz andere Sportarten bevorzugen und nicht mehr Vereinsgebunden sein möchten? Eine so gravierende Entscheidung darf nicht getroffen werden ohne Rücksicht auf nachfolgende Generationen, denen dieses kurzsichtige Unterfangen als Hypothek übertragen wird.
Man ist nicht familienfreundlich, weil man zwei Kunstrasenplätze vorweisen kann und es ziehen deswegen auch keine jungen Familien nach Grefrath. Und keine Familie zieht weg, weil wir nur einen Kunstrasenplatz haben.
Doch Familien ziehen nach Grefrath, wenn die Infrastruktur stimmig ist und wir eine erstklassige Kita- und Schullandschaft vorweisen können. Wann sind wir soweit, dass wir unsere Gemeinde zukunftsfähig machen und mehr nach Familien ausrichten?
Unsere Schullandschaft ist das Pfund mit dem wir wuchern müssen und nicht der zweite „Kunstrasen-Wahlgeschenke-Platz“.

 

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