Aufrüstung während eines Krieges nennt man Eskalation

Zur Absicht der USA, ab 2026 Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren,
erklärt gewaltfrei grün e. V.:
Am Rande des Nato-Gipfels in Washington (9.-11.07.2024) ist bekannt geworden, dass die USA von
2026 an in Deutschland wieder Waffensysteme stationieren wollen, die weit bis nach Russland
reichen. Darunter sollen Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von bis zu 2.500
Kilometern sein, die technisch gesehen auch nuklear bestückt sein können, sowie Luftabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Hyperschallwaffen. Diese Entscheidung ist lange vorbereitet worden. Dem Vernehmen nach sind die Fraktionen der Ampelkoalition und auch der Union über die seit einigen Monaten laufenden Verhandlungen zwischen Washington und Berlin im Bilde. (SZ 11. Juli
2024, 3:30 Uhr).
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet nun Verständnis der Bevölkerung für die Aufrüstung mit weitreichenden US-Waffen in Deutschland (SZ vom 12.7. nach dpa), über die er zuvor mit der
Bevölkerung aber nicht geredet hat. Und auch der Grüne Vizekanzler meint, die Wehrhaftigkeit steigern zu müssen, weil wir uns, wie er sagt, in einer sehr bedrohlichen Lage befinden („NeueWestfälische“).

 

 

Im Bundestagswahlprogramm von Bündnis 90/DIE GRÜNEN heißt die Überschrift über Kapitel 6: Wir treten ein für Frieden und Sicherheit. In diesem Kapitel findet sich unter dem Abschnitt „Neuer Schub für Abrüstung“ folgende Aussage: „Nach der Aufkündigung des Vertrags über nukleare Mittelstreckensysteme (INF-Vertrag) zwischen den USA und Russland ist eine neue Vertragsinitiative nötig. Eine Stationierung neuer Mittelstreckenraketen auf dem europäischen Kontinent lehnen wir ab.“

Reichen daher heute die oben genannten Erklärungen aus? Nein. Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag – darunter auch die grüne Bundestagsfraktion – müssen erklären, warum sie glauben, damit zum Wohle der Menschen zu handeln. Wir vermissen auch eine Erklärung, wie glaubhaft auf diese Weise Frieden in Europa hergestellt werden kann, oder zumindest, wie dieser mörderische Konflikt auf eine zivilisierte Ebene zurückgeführt werden kann, um der Diplomatie wieder eine führende Rolle zuzuweisen.
Wie Robert Habeck beim Vergleich mit dem Nato-Doppelbeschluss die Situation heute kritischer als damals einschätzen, aber die Aufrüstung mit Mittelstreckenraketen vergleichsweise weniger dramatisch sehen kann, bleibt uns rätselhaft.
Unserer Wahrnehmung nach findet eine zunehmende Eskalation der Gewalt statt, wie sie der renommierte Konfliktforscher Friedrich Glasl in seinem Phasenmodell in neun Stufen dargestellt hat. Das Bewusstsein dafür zu schärfen und der Gewalteskalation entgegenzuwirken, ist Aufgabe von grüner Politik!

Die vorgesehenen Systeme, sollen zwar ohne Atomsprengköpfe stationiert werden, können aber jederzeit nachgerüstet werden und sind geeignet, russische Befehlsstände und Bunkeranlagenanzugreifen.
Generell gelten Mittelstreckenraketen als besonders destabilisierend, weil ihre kurzen Flugzeiten eine Reaktion binnen weniger Minuten erforderlich machen: wenn die Seite, die sich als Ziel eines nuklearen Angriffs sieht, verhindern will, dass ihr Atom-Arsenal Ziel eines gegnerischen Erstschlags
wird, muss sie ihre Raketen starten, bevor die der anderen Seite einschlagen.
Ebenso wie die Stationierung der amerikanischen Mittelstreckenraketen lehnen wir auch eine Stationierung eigener weitreichender Waffensysteme ab, die aus unserer Sicht nicht zur Verteidigung dienen.
Aufrüstung um einen tobenden Krieg herum nennt man nicht Abschreckung, sondern Eskalation und sie nährt nur den Krieg.

 

 

 

 

München, den 15.07.2024
Martin Pilgram, Stefan Muck, Nicole Lauterwald, Thomas Mohr, Kerstin Täubner-Benicke
Vorstand gewaltfrei grün e.V.

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