BMI plant Datenspeicherung: Warnungen vor historischem Missbrauch
Das Innenministerium plant, bei Geschlechtsänderungen mehr Daten zu erfassen. Expert*innen und Verbände warnen vor Diskriminierung und historischen Parallelen.
Behörden sollen künftig mehr Daten erfassen
Das Bundesinnenministerium (BMI) will verordnen, dass Behörden künftig mehr Daten über Personen erfassen können, die ihren Geschlechtseintrag beim Amt anpassen lassen. Ein Referentenentwurf des von Alexander Dobrindt (CSU) geleiteten Ministeriums sieht vor, geänderte Geschlechts- und Namenseinträge zu kennzeichnen. Mit drei neuen Datenfeldern soll festgehalten werden, unter welchem Geschlecht die jeweilige Person vorher geführt wurde, sowie wann und wo die Anpassung stattgefunden hat.
Die Änderung soll an Behörden wie das Bundeszentralamt für Steuern oder die Rentenversicherung weitergegeben werden und Meldebehörden bei Umzügen angezeigt werden.
Kritische Stimmen warnen vor Missbrauch

Das BMI begründet die Verordnung mit dem im Herbst 2024 in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), das trans, inter- und non-binären Personen die Änderung ihres Geschlechtseintrags erleichtert. Psychiatrische Gutachten entfallen, bürokratische und finanzielle Hürden wurden abgebaut.
Doch genau diese Errungenschaft nennt das BMI nun als Grund für die erweiterte Datenerfassung. Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, kritisiert, dass Daten zum früheren Geschlechtseintrag nur in besonders begründeten Fällen und unter erhöhten Voraussetzungen zugänglich sein sollten. Fachverbände warnen vor Diskriminierung, Zwangsoutings und massiven Eingriffen in die Privatsphäre.
Parallelen zur historischen Datenpraxis
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie gefährlich die Missachtung des Datenschutzes sein kann: 2014 stellte die rechtsextreme Partei „Die Rechte“ in Dortmund Anfragen nach der Zahl jüdischer Bürger. Oberbürgermeister Ullrich Sierau sprach von „menschenverachtendem, antisemitischem Ungeist“ und kündigte den Staatsschutz an.
Solche Anfragen erinnern an Praktiken im Dritten Reich, als Bevölkerungsdaten gezielt zur Verfolgung genutzt wurden. Ähnlich warnen Expert*innen heute beim geplanten Sonderregister vor Missbrauch sensibler Daten. Verwaltung und Politik müssen sicherstellen, dass persönliche Informationen geschützt bleiben, um Diskriminierung und Stigmatisierung zu verhindern.
Politische Reaktionen
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Die queerpolitische Sprecherin der Grünen, Nyke Slawik, kritisiert das Vorhaben als schweren Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
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Der Verband queere Vielfalt (LSVD) sieht die Neuerungen als besonders heikel, da sie hervorheben, dass die betreffende Person ihren Geschlechtseintrag geändert hat.
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Eine Petition „Kein Sonderregister für trans Personen“* wurde bereits über 220.000 Mal unterzeichnet.
Historische Warnung und Fazit
Ob im historischen Kontext der NS-Zeit oder bei aktuellen Plänen des BMI, der Schutz von persönlichen Daten bleibt entscheidend. Sensible Informationen dürfen nicht missbräuchlich verwendet werden, sonst drohen Diskriminierung, Ausgrenzung und Gefährdung der Betroffenen.