Bürgergeld und politische Doppelmoral: Wenn Arroganz, Gier und Heuchelei regieren
Politische Hassprediger und ihre goldene Nase – ein Bürgergeld-Kommentar
abs/oedt. Im Augenblick schlagen die Wellen rund um das Bürgergeld hoch. Lautstark wird behauptet, die Empfänger seien der Untergang der Wirtschaft – zu faul zum Arbeiten, lebten auf Kosten der Steuerzahler und ließen sich ein gutes Leben finanzieren. Diese Behauptungen füllen Talkshows, Schlagzeilen und Kommentarspalten. Doch sie haben mit der Realität kaum etwas zu tun.
Die Realität hinter den Schlagzeilen
Viele dieser Menschen leben am Existenzminimum.
Sie arbeiten oft in mehreren Jobs, verzichten auf Freizeit, sammeln Pfandflaschen, um die Familie über Wasser zu halten, und hoffen am Monatsende, dass Miete, Strom und Gas noch bezahlt werden können.
Unter ihnen sind junge Menschen, Alleinerziehende, aber auch ältere Arbeitnehmer, die jahrzehntelang gearbeitet haben – und nun mit Mini-Renten aufstocken müssen.

Das Bürgergeld ist kein Geschenk, sondern ein notwendiger Rettungsanker, um Menschen vor dem Absturz zu bewahren. Trotzdem wird es von manchen Politikern und Medien immer wieder als „soziale Hängematte“ diffamiert.
Wie leicht es sich von oben urteilen lässt
Die lautesten Stimmen in dieser Debatte kommen oft von denen, die selbst finanziell ganz oben stehen. Sie treten nach unten, weil es populär ist, weil es Klicks bringt – und weil man so von den eigentlichen Problemen ablenken kann.
Es ist leicht, über Armut zu reden, wenn man sie nur aus Talkshows kennt.
Während also Bürgergeldempfänger um jeden Euro kämpfen müssen, gibt es Menschen in der Politik, die sich einen sehr bequemen Lebensstil leisten können – bezahlt aus Steuergeldern. Monatlich fließen dort über 12.000 € Diäten, steuerfreie Zuschläge, kostenlose Dienstwagen, Bahnkarten 1. Klasse und Mitarbeiterbudgets, über die kaum jemand Rechenschaft ablegen muss. Und jedes Jahr steigen diese Einkommen automatisch – offiziell, um die „gestiegenen Lebenshaltungskosten“ auszugleichen. Ironischerweise derselbe Grund, mit dem man Bürgergeldempfängern wenige Euro mehr verweigert.
Wer hier wirklich auf Kosten anderer lebt
Viele Bürgergeldbeziehende würden liebend gern arbeiten – aber prekäre Arbeitsverhältnisse, ungerechte Löhne oder gesundheitliche Einschränkungen machen das oft unmöglich.
Dasselbe System, das Reiche schützt, lässt Arme im Regen stehen.
Dazu kommt ein zynisches Paradoxon:
Politiker, die selbst acht Nebenjobs als Berater, Aufsichtsrat oder Lobbyist haben, schwingen große Reden über „Leistungsbereitschaft“.
Sie nennen Bürgergeldempfänger „Sozialschmarotzer“, während sie selbst über Nebeneinkünfte, Beraterhonorare und „Aufwandsentschädigungen“ ein Vermögen verdienen – oft ohne klaren Nachweis über die

tatsächliche Leistung.
Doppelmoral und soziale Kälte
Wenn dann dieselben Menschen über ein paar Euro mehr im Bürgergeld debattieren, reden sie von „mafiösen Strukturen“, „sozialem Fabulieren“ oder einem „bedingungslosen Grundeinkommen durch die Hintertür“.
Dabei geht es schlicht um Menschen, die überleben wollen.
Menschen, die Rechnungen zahlen müssen, die ihre Kinder ernähren und ihre Würde behalten wollen.
Wer wirklich hinschaut, erkennt:
Nicht die Bürgergeldempfänger kosten die Gesellschaft zu viel – sondern die Doppelmoral, der Lobbyismus und die Selbstbedienungsmentalität mancher politischer Eliten.
Ein Blick auf die Verhältnisse
Während Rentnerinnen Flaschen sammeln, werden Manager-Boni, Parteispenden und Beraterverträge in Millionenhöhe kaum hinterfragt.
Die soziale Schere geht weiter auseinander, während das Wort „Leistung“ immer häufiger zur moralischen Waffe gegen Arme wird.
Doch wer definiert eigentlich, was Leistung ist?
Ist Pflege keine Leistung?
Ist ein Kassierer, der täglich steht, weniger wert als ein Aufsichtsrat, der zwei Stunden pro Woche Sitzungen abhält?
Die soziale Kälte wächst, weil die Gesellschaft verlernt hat, Empathie zu empfinden.
Weil Menschen, die in Armut leben, als Problem dargestellt werden – statt als Opfer eines Systems, das Reichtum schützt und Armut verwaltet.
Zeit für Ehrlichkeit
Wer heute Bürgergeld bezieht, tut das nicht aus Bequemlichkeit, sondern aus Notwendigkeit.
Wer Politiker kritisiert, tut das nicht aus Neid, sondern aus Gerechtigkeitsempfinden.
Und wer die sozialen Realitäten benennt, ist kein „linker Träumer“, sondern jemand, der die Augen offen hält.
Vielleicht sollten diejenigen, die ständig über „faule Bürgergeldempfänger“ schimpfen, einmal einen Monat lang von 563 Euro leben – inklusive Miete, Strom, Essen und Busfahrkarte.
Erst dann würden viele verstehen, was Existenzkampf bedeutet.
Fazit: Menschlichkeit ist keine Schwäche
Es geht nicht um Neid, sondern um Verhältnismäßigkeit.
Nicht um Ideologie, sondern um Würde.
Und schon gar nicht um Bequemlichkeit – sondern um Überleben.
Solange politische Entscheidungsträger in komfortablen Büros sitzen und sich jedes Jahr Diätenerhöhungen genehmigen, während sie Bedürftige moralisch verurteilen, läuft etwas gründlich falsch.
Es ist Zeit, wieder über Menschlichkeit, Empathie und soziale Gerechtigkeit zu sprechen – statt über populistische Scheinlösungen.
Denn am Ende zeigt sich der wahre Charakter einer Gesellschaft nicht daran, wie sie mit den Starken umgeht, sondern wie sie die Schwächsten behandelt.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Höchstgrenze für Sanktionen bei Hartz-IV-Beziehern am 5. November 2019 festgelegt.
In seinem Urteil vom 5. November 2019 (Az. 1 BvL 7/16) entschied das Gericht:
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Kürzungen des Regelbedarfs um mehr als 30 % sind verfassungswidrig.
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Härtere Sanktionen, wie eine vollständige Streichung der Leistungen oder Kürzungen um 60 % oder 100 %, verstoßen gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG).
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Sanktionen bis zu 30 % sind nur unter bestimmten Bedingungen zulässig, müssen aber verhältnismäßig und überprüfbar sein.
Dieses Urteil betraf das damalige Hartz-IV-System (SGB II), das später in das Bürgergeld überführt wurde.
Heutige Praxis im Bürgergeld-System (Stand 2025)
Seit der Einführung des Bürgergeldes wurden die Regelungen zu Sanktionen formal neu geordnet, aber nicht grundlegend menschlicher. Zwar betont die Bundesregierung, das System sei „fördernd und fordernd“, in der Praxis bleibt der Sanktionsmechanismus bestehen – nur unter neuem Namen.
Auch heute können Leistungen um bis zu 30 % gekürzt werden, etwa bei wiederholten Pflichtverletzungen oder dem Nichtwahrnehmen von Terminen. Damit hält die Bundesregierung weiter an der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Höchstgrenze fest – statt sie im Sinne echter sozialer Sicherheit abzuschaffen.
Mein Gedanke:
Die heutige Bundesregierung steht nicht auf der Seite des Grundgesetzes, sondern entfernt sich immer weiter davon. Sie versucht, so menschenfeindlich zu handeln, wie ein Trump es in den USA vormacht – nur eben mit freundlicherer Rhetorik und bürokratischem Feinschliff. Wer Menschen die Existenzgrundlage kürzt, verstößt nicht nur gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, sondern gegen das Prinzip der Menschlichkeit selbst.