Deutschland, sattes Land – mit Millionen, die nicht mithalten können
Wenn sich Millionen Menschen in Deutschland keine vollwertige Mahlzeit mehr leisten können, dann ist das nicht nur eine Zahl – es ist ein Alarmsignal, das wir längst ernster nehmen müssten.
Die aktuellen Daten zeigen ein Bild, das sich seit Jahren verdunkelt: Immer mehr Menschen in Deutschland haben Schwierigkeiten, sich regelmäßig warm und nährstoffreich zu ernähren. Was früher als Ausnahme galt, betrifft heute Millionen. Es geht dabei nicht um Luxus, nicht um Ernährungsstile, sondern um die grundlegende Fähigkeit, jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu sich zu nehmen – etwas, das selbstverständlich sein sollte.
Eine vollwertige Mahlzeit ist in den einschlägigen Studien definiert als ein Essen mit Fleisch, Fisch oder einer gleichwertigen vegetarischen Alternative. Dass sich immer mehr Menschen selbst dieses Minimum nicht mehr leisten können, zeigt, wie sehr die Lebenshaltungskosten gestiegen sind und wie unzureichend Leistungen wie das Bürgergeld bestimmte Haushalte absichern. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, einkommensschwache Familien, ältere Menschen und Bürgergeldbeziehende. Für viele ist die Entscheidung zwischen der nächsten Stromrechnung und einer nahrhaften Mahlzeit längst Normalität geworden.
Im Jahr 2022 konnten laut Eurostat rund 11,4 Prozent der Menschen in Deutschland – etwa 9,5 Millionen – sich nicht jede zweite Mahlzeit leisten, die als vollwertig gilt. Eine Studie des Paritätischen Gesamtverbandes

von 2025 zeigt sogar, dass 30,8 Prozent der Bürgergeldbeziehenden betroffen sind. Die oft verbreitete Zahl von acht Millionen Menschen ist damit nicht nur bestätigt, sondern eher zu niedrig angesetzt. In Wahrheit sprechen aktuelle Daten von rund 9,5 bis 10 Millionen Menschen.
Diese Entwicklung bleibt nicht folgenlos. Ernährung entscheidet über Gesundheit, Leistungsfähigkeit und langfristiges Wohlbefinden. Wer dauerhaft zu wenig oder zu einseitig isst, entwickelt häufiger Mangelerscheinungen, ist anfälliger für Krankheiten und hat ein erhöhtes Risiko für eine verkürzte Lebensspanne. Besonders gravierend sind die Auswirkungen bei Kindern und Jugendlichen, deren körperliche und geistige Entwicklung eng mit der täglichen Nährstoffversorgung verknüpft ist. Studien zeigen, dass anhaltende Mangelernährung im Kindesalter die Sterblichkeit erhöht und das Risiko für Krankheiten im Erwachsenenalter steigert. Auch in einem reichen Land wie Deutschland sind diese Folgen messbar.
Kernpunkte im Überblick (Einleitung: Die wichtigsten Fakten lassen sich klar benennen):
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Rund 9,5 bis 10 Millionen Menschen sind betroffen.
Die Zahl derjenigen, die sich nicht alle zwei Tage eine vollwertige Mahlzeit leisten können, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. -
Einkommensschwache Gruppen sind besonders gefährdet.
Bürgergeldbeziehende, Alleinerziehende und ältere Menschen kämpfen am stärksten mit Ernährungsarmut. -
Unterversorgung wirkt sich direkt auf die Gesundheit aus.
Mangelernährung steigert das Risiko für chronische Erkrankungen, schwächt das Immunsystem und kann die Lebenserwartung senken.
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Kinder und Jugendliche tragen langfristige Schäden davon.
Wachstumsstörungen, Lernschwierigkeiten und eine höhere Krankheitsanfälligkeit sind gut dokumentierte Folgen. -
Die Entwicklung ist ein gesellschaftliches Warnsignal.
Wenn Grundbedürfnisse nicht mehr gedeckt sind, gerät soziale Stabilität ins Wanken – und politische Handlungsfähigkeit steht auf dem Prüfstand.
Diese Zahlen sind nicht abstrakt. Hinter ihnen stehen reale Menschen, Familien und Alltagssituationen. Wer mit knappen Mitteln lebt, weiß, wie schnell ein Wocheneinkauf zur Belastung werden kann. Obst, Gemüse, Fisch oder gute Fleischalternativen sind oft die ersten Produkte, die vom Einkaufszettel verschwinden – nicht aus Wahl, sondern aus Notwendigkeit. Der wachsende Anteil an Menschen, die auf Tafeln angewiesen sind, verdeutlicht, wie verbreitet das Problem bereits ist.
Dabei geh
t es nicht nur um Hunger. Es geht um fehlende Nährstoffe, um Energie, um das Gefühl von Stabilität und Teilhabe. Ernährung ist eng verknüpft mit sozialer Sicherheit. Wenn immer mehr Menschen den Zugang zu angemessenem Essen verlieren, trifft das die gesamte Gesellschaft: Bildung, Arbeitsmarkt, Gesundheitssystem und soziale Strukturen werden langfristig belastet.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Ernährungsarmut kein individuelles Versagen ist. Sie entsteht durch systemische Faktoren: stagnierende Löhne, steigende Mieten, höhere Energiepreise und ein Preisniveau, das sich schneller entwickelt hat als die Einkommen vieler Menschen. Wenn Menschen trotz Arbeit oder staatlicher Unterstützung nicht genug Geld für grundlegende Ernährung haben, ist das ein strukturelles Problem, das politisch gelöst werden muss.
Doch es geht nicht nur um politische Entscheidungen. Auch Unternehmen, Kommunen, Bildungseinrichtungen und soziale Organisationen spielen eine Rolle dabei, Versorgungslücken zu schließen und Bewusstsein zu schaffen. Ob über kommunale Förderprogramme, bezahlbare Gemeinschaftsverpflegung, Bildungsangebote oder soziale Initiativen – jede Maßnahme zählt.
Die These, dass Menschen, die sich keine vollwertige Ernährung leisten können, früher sterben, ist wissenschaftlich gut belegt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Immunschwäche, chronische Entzündungen und psychische Belastungen sind eng mit Ernährung verknüpft. Während Hunger in Krisengebieten akut zum Tod führen kann, wirkt sich anhaltende Unterversorgung in Industrieländern eher schleichend aus – aber nicht weniger gefährlich.
All dies zeigt: Ernährungsarmut ist kein Randthema. Es ist ein zentraler Indikator dafür, wie gut ein Land seine Bevölkerung schützt. Und Deutschland steht hier vor einer Herausforderung, die anerkannt und entschlossen adressiert werden muss.
Am Ende geht es um mehr als Statistik: Es geht um Würde, Gesundheit und die Frage, wie eine Gesellschaft aussehen soll, die niemanden zurücklässt. Wenn du mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema schaffen oder selbst aktiv werden möchtest, beginn noch heute: Unterstütze Initiativen, informiere dich und dein Umfeld oder engagiere dich dort, wo Hilfe gebraucht wird. Jede Handlung zählt – und jede hat Wirkung.
Wenn der Staat sich aus der Verantwortung zieht
Immer mehr Menschen sind darauf angewiesen, dass ehrenamtliche Initiativen wie Tafeln, Suppenküchen und karitative Versorgungsangebote einspringen. Ohne sie wären viele deutlich schlechter dran — gesundheitlich und existenziell. Doch immer mehr entsteht der Eindruck, der Staat ziehe sich bewusst zurück. Manche Mitarbeitende bei Jobcentern oder Behörden raten Betroffenen bereits indirekt, „doch zur Tafel zu gehen“, statt staatliche Unterstützung nachzubessern.
Gleichzeitig plant die Regierung aktuell Kürzungen beim Bürgergeld: Laut Haushaltsplan 2026 sind niedrigere Ausgaben für das Bürgergeld vorgesehen. Währenddessen heben sich die Bezüge von Parlamentarier:innen automatisch um 5,4 % an — trotz Inflation und steigender Lebenshaltungskosten vieler Haushalte.
Diese Entwicklung führt dazu, dass soziale Grundversorgung immer stärker vom Engagement Einzelner abhängt und weniger vom Staat gewährleistet wird. Das wirft eine grundsätzliche Frage auf: Soll Bürgergeld wirklich ein Netz sein — oder eher ein Flickenteppich aus Almosen und temporärer Hilfe? Zugleich öffnet sich die soziale Schere weiter: Während einige problemlos von automatischen Anpassungen profitieren, wachsen Unsicherheit, Belastung und Verzicht auf der anderen Seite des gesellschaftlichen Spektrums.

