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„Jedes Jahr der gleiche Jubel“

„Jedes Neue Jahr,  gezahlt mit Angst, mit Schrecken. Verletzungen und Tod“.

Silvester kostet jedes Jahr tausende Verletzte, panische Tiere, tonnenweise Feinstaub und Millionen an Schäden. Andere Länder verbieten privates Feuerwerk bereits – aus gutem Grund. Die Frage ist nicht mehr, ob Böllern gefährlich ist, sondern warum es noch erlaubt ist.

Silvester ist seit Jahrhunderten ein Datum für Feier und Neuanfang. Doch das klassische private Feuerwerk, das in der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar abgebrannt wird, gehört dringender denn je auf den Prüfstand. Die Tradition, mit lauten Explosionen und bunten Lichtern böse Geister zu vertreiben, mag historisch überliefert sein, doch in der Realität des Jahres 2025 hat sie keinen sachlichen oder gesundheitlichen Nutzen mehr.

a couple of orange ambulances parked next to each otherDie Folgen sind klar belegbar: Jedes Jahr führt privates Feuerwerk zu tausenden Verletzungen, zur starken Belastung von Menschen und Tieren, zu gesundheitlichen Risiken durch massive Feinstaubbelastung und zu vermeidbaren Kosten für Rettungsdienste, Krankenhäuser und Kommunen. Vor diesem Hintergrund wächst die Zahl der Staaten und Regionen, die ein Böllerverbot eingeführt haben oder planen – unter anderem die Niederlande ab 2026. Diese Entwicklung ist nicht nur politisch folgerichtig, sie ist notwendig.

Die Nacht des 31. Dezember ist regelmäßig ein Tag, an dem die Notaufnahmen der Krankenhäuser an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Jahr für Jahr werden zahlreiche Menschen mit Verbrennungen, Augenverletzungen und Handverletzungen eingeliefert, die durch Feuerwerkskörper verursacht wurden. Nach Angaben des Umweltbundesamts und verschiedener medizinischer Fachstellen gehören diese Verletzungen zu den häufigsten medizinischen Notfällen an Silvester. Augenverletzungen können zu dauerhaften Schäden bis hin zum Sehverlust führen, Handverletzungen zu bleibenden Einschränkungen. Dies ist kein Prunkspektakel, sondern eine vermeidbare Belastung des Gesundheitssystems und menschliches Leid, das in einer modernen Gesellschaft überdacht werden muss.

Hinzu kommt, dass die Feinstaubbelastung während und nach Silvester zu den höchsten des Jahres zählt. Tonnenweise Feinstaubpartikel verteilen sich über die Städte, was akute Probleme bei Menschen mit Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Problemen oder Allergien verursacht. Bereits kurzfristige Spitzenbelastungen sind nicht harmlos und stehen im direkten Zusammenhang mit erhöhten Krankenhausaufenthalten und gesundheitlichen Folgeproblemen.

Tiere leiden massiva close up of a dog's face with a blurry background

Haustiere und Wildtiere reagieren auf die Lärm- und Lichtschocks des Feuerwerks mit intensiver Angst, Stress und panischen Fluchtverhalten. Tierhalter berichten regelmäßig, dass Hunde und Katzen tagelang traumatisiert sind, sich verstecken, zittern oder sogar versuchen zu fliehen, wodurch sie sich selbst verletzen. Wildvögel fliehen orientierungslos, verlieren Energie, geraten in Hindernisse oder sterben an Erschöpfung. Auch größere Tiere wie Pferde oder Nutztiere zeigen nachweislich physiologische Stressreaktionen, die zu Unfällen, Fluchtverhalten und Verletzungen führen. Das Leid der Tiere ist real, belegbar und wird häufig aus Gewohnheit und Tradition ignoriert.

Feuerwerk hinterlässt nicht nur Lärm und Gefahr, sondern auch umweltbelastenden Müll: Reste von Raketen, Verpackungen, chemische Rückstände und Metallteile liegen tagelang auf Plätzen, Straßen und in der Natur. Diese Rückstände beeinflussen Boden und Wasser negativ und tragen zur mikroplastischen Belastung bei. In einer Zeit, in der Umweltschutz und Nachhaltigkeit ernst genommen werden, ist es unverständlich, dass ein regelrechter Müllberg jedes Jahr erneut produziert wird – nur für wenige Stunden Spektakel.

In der Silvesternacht sind Notaufnahmen und Rettungsdienste über mehrere Stunden hinweg stark belastet. Neben den direkten Verletzten durch Feuerwerkskörper werden auch alkoholbedingte Notfälle, Unfälle und Gesundheitsprobleme behandelt, die insgesamt die medizinischen Kapazitäten strapazieren. Diese Belastung ist nicht trivial: Personal wird über Stunden extrem gefordert, Betten sind belegt, und Ressourcen werden gebunden, die anderswo dringend gebraucht werden könnten.

Feuerwerk verletzt nicht nur äußerlich. Für viele Menschen verursacht der extreme Lärm, psychischen Stress, Schlafstörungen und Angstreaktionen. Besonders gefährdet sind ältere Menschen, Menschen mit grayscale photo of woman covering her faceposttraumatischen Belastungsstörungen, autistische Menschen und solche mit sensorischen Empfindlichkeiten. Für diese Personen ist Silvester kein Fest, sondern ein Trauma. Langfristige Schlafprobleme und Stresssymptome werden häufig übersehen, gelten aber als direkte Folge der jährlichen Lärm- und Explosionsbelastung.

Die ökonomischen Kosten sind ebenfalls erheblich. Verletzungen verursachen Behandlungskosten, Rehabilitation und krankheitsbedingte Ausfälle. Rettungsdienste und Polizei sind in der Silvesternacht überdurchschnittlich im Einsatz. Städte und Kommunen tragen Reinigungskosten für das Beseitigen der Hinterlassenschaften. Versicherungen zahlen für Schäden an Eigentum durch Feuerwerkskörper. Diese Kosten sind nicht nur individuell relevant, sondern belasten die Allgemeinheit, während sehr wenige Menschen den wirtschaftlichen Nutzen haben.

Nicht nur in Deutschland wird über ein Böllerverbot diskutiert. In mehreren europäischen Ländern sind Einschränkungen bereits beschlossen oder in Planung. Besonders die Niederlande haben ein generelles Verbot privaten Feuerwerks ab 2026 angekündigt, um Verletzungen, Umweltbelastung und nächtlichen Lärm zu reduzieren. Andere Staaten haben temporäre oder lokale Verbote eingeführt, etwa in städtischen Zentren oder Naturgebieten. Diese Maßnahmen sind keine Überreaktionen, sondern Reaktionen auf eindeutige Daten zu Gefahren und Schäden.

Ursprünglich galt Feuerwerk als Symbol zur Vertreibung böser Geister. Diese Idee ist historisch überholt, ohne Bezug zur Realität des 21. Jahrhunderts. Die heutige wissenschaftliche, medizinische und ökologische Erkenntnislage zeigt, dass das, was einst symbolisch gemeint war, keinen sachlichen Nutzen mehr hat. Stattdessen steht ein erheblicher Schaden für Gesundheit, Tiere, Umwelt und Gesellschaft im Raum. Die Tradition darf nicht als Argument dienen, um jedes Jahr systematisch Leid und Gefahr zu reproduzieren.

Die Beweise sind eindeutig: Privates Feuerwerk zu Silvester verursacht Jahr für Jahr Tausende Verletzungen, überlastet medizinische Einrichtungen, führt zu massiver Umweltverschmutzung, löst bei Tieren extreme Stressreaktionen aus und verursacht gesellschaftliche Kosten, die vermeidbar wären. Vor dem Hintergrund moderner wissenschaftlicher Erkenntnisse und internationaler Entwicklungen ist ein bundesweites Böllerverbot nicht nur verständlich, sondern dringend geboten. Tradition darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die aktuellen Kosten – menschlich, ökologisch und ökonomisch – zu hoch sind. Silvester ohne privates Feuerwerk wäre ein Fortschritt für Gesundheit, Tierwohl, Umwelt und Gesellschaft.

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