oedt/abs. Voraus gegangen war die friedliche Demonstration gegen  Schah Mohammad Reza Pahlavi vor dem Rathaus Schöneberg, vor dem sich auch Schah Anhänger versammelten und mit Gewalt auf friedliche Demonstranten einschlugen. Anwesende Polizisten ließen dies zu und rührten keinen Finger, um die Demonstranten zu schützen.  Gegen 20:00 Uhr räumten ungefähr 4000 Beamte, darunter viele in Zivil, mit Gewalt den Opernvorsplatz und drängten einzelne Gruppen von Demonstranten in Nebenstraßen und Hauseingängen.

Als mehrere Zivilbeamte eine einzelne Person in den Hof des Hauses Krumme Straße 66  zerrten, in dem sich noch ungefähr 10 andere Demonstranten versteckt hatten, folgte Benno Ohnesorg, wahrscheinlich um den Betroffenen durch seine Anwesenheit als Zeuge zu helfen. Sie wurden von den Polizisten geprügelt und aus dem Hinterhof getrieben. Nur Ohnesorg stand noch als Beobachter abseits und wurde nun von den beteiligten Polizisten angegriffen und festgehalten.

Gegen 20:30 Uhr fiel aus der Pistole Kurras, Walther PPK, Kaliber 7,65 mm eine ein Schuss und traf Benno Ohnesorg auf einer Entfernung von 1,50 Meter in den Hinterkopf. Trotz dieses Schusses schlugen die Polizisten noch auf den tödlich getroffenen ein und weigerten sich, einen Krankenwagen zu rufen oder einen herbei eilenden Arzt, erste Hilfe zu leisten, weil er  ein Kommunist sei.   Als dann endlich gegen 20:50 Uhr ein Krankenwagen kam, weigerten sich zwei Krankenhäuser (Albrecht-Achilles-Krankenhaus, Westendklinik) den Verletzten aufzunehmen, weil angeblich keine Unfallbetten frei waren. Um 21:35 Uhr erreichte der Wagen das Krankenhaus Moabit, wo ein Arzt sich beschwerte, dass man ihn wegen eines Toten stören würde. Dabei starb Benno Ohnesorg, laut Krankenhausakte erst um 22:55 Uhr. Todesursache: Schädelbasisbruch!

Wer war dieser Kurras, dem aus Versehen ein Schuss losging –   in den Kopf eines Menschen?

Kurras, der eigentlich in den Osten umsiedeln wollte um dort zur Volkspolizei zu gehen, ließ sich vom MfS überreden, bei der Berliner Polizei zu bleiben, weil er von dort, der „Sache“ besser dienen könne. So unterschrieb er am 26.04.1955 seine Verpflichtungserklärung, als Agent der Abteilung IV der Verwaltung Groß-Berlin der Staatssicherheit unter dem selbstgewählten Decknamen „Otto Bohl“ in der West-Berliner Polizei tätig zu bleiben. Von dieser Spionagetätigkeit einmal abgesehen, war Kurras hier und bei der Staatssicherheit als Waffennarr bekannt. So gab er monatlich über 400,00 DM nur für Munition aus und war fast täglich zum Schießtraining unterwegs. Jahrelang gehörte er dem Polizeisportverein an und war einige Jahre die Nummer Eins als bester Schütze der Berliner Kriminalpolizei. Und dieser Mensch behauptete, der Schuss hätte sich aus Versehen gelöst.

In seinen Prozessen wurde Kurras zwar freigesprochen (die Gewerkschaft der Polizei spendete für seine Verteidigung rund  60.000,00 DM) immer mit den Hinweisen, das die Tötung rechtswidrig war, doch ein Vorsatz nicht nachweisbar sei. Scheinbar wisse er mehr, als er zugeben würde, denn  die Annahme einer Lebensgefahr, hätte  nicht vorgelegen.  Keine der 83 Zeugen habe gesehen oder gehört, dass Kurrat in Gefahr gewesen sei.

Der BGH hob das erste Urteil wegen unzureichender Beweisaufnahme auf. Dabei kritisierten die Richter den Einsatz der Polizei im gesamten und hielten Kurrat für solche Einsätze für völlig ungeeignet.

Am 28 Oktober 1970 kam es zu einem neuen Prozess und das Gericht stellte dabei fest: es sei nicht ersichtlich gewesen, dass für Kurrat eine bedrohliche Situation bestanden hätte. Doch auch Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Tötung von Benno Ohnesorg seien nicht nachweisbar.

15 000 Menschen säumten die Berliner Straßen, um Benno Ohnesorg zu verabschieden, als sein Leichnam zum Flughafen gebracht wurde, damit er in Hannover seine letzte Ruhestatt finde.

Kurras wurde zum Kriminaloberkommissar befördert und bezog seit 1987 eine Beamtenpension.  Bis zu seinem Tode lebte er mit seiner Frau in einer Eigentumswohnung in Berlin-Spandau.

Der Tod von Benno Ohnesorg und das Vorgehen der Polizei, löste wochenlange Massendemonstrationen in ganz Westdeutschland aus, war einer der Grundsteine der RAF und führte in den Folgemonaten zu den Rücktritten des Polizeipräsidenten, des Innensenators und des Regierenden Bürgermeisters von West-Berlin Heinrich Albertz.

 

Fotos und Fundstellen: Ludwig Binder-Haus, AStA der Freien Universität Berlin,Die Polizeischlacht von Berlin.. In: Die Zeit Nr. 23/1967, Klaus Rainer Röhl: Kesselschlacht. Die Notstandsübung von Berlin. In: konkret, Nr. 7, Juli 1967

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