Seine demokratischen Rechte mit einer P 30 des Oberndorfer Rüstungsunternehmen Heckler & Koch im Halfter verteidigen? Das Haus nie ohne volles Magazin verlassen? Nach getaner Arbeit in der gepanzerten Limousine nach Hause, sich bei den Bodyguards bedanken, Frau und Kinder begrüßen, um sich dann im Panikraum der Waffenpflege hinzugeben? So viel Zeit muss sein! Soll so die Zukunft unserer demokratischen gewählten Vertreter aussehen? Gehören Drohbriefe und -mails für viele Lokalpolitiker inzwischen wieder zum Alltag? Ist es wieder so weit, dass wir unsere Meinungen nur hinter vorgehaltener Hand rauslassen dürfen, weil uns die Angst um unsere Gesundheit und Leben auffrisst? Oder werden unsere demokratischen Vertreter vom Gesetzgeber, den Ermittlungsbehörden, den Gerichten und letztendlich von uns in Stich gelassen?
Immer mehr „Amts- und Mandatsträger“ berichten von unverhüllten Drohungen und brutalster Pöbelei in Netzwerken. Seit Jahren nehmen Anfeindungen gegen Amts- und Mandatsträger zu. Der anonyme Hass aus diesen „sozialen“ Netzwerken, virtuelle Drohungen bis zu Mordaufrufen schwappt immer öfters in das reale Leben Betroffener. Deswegen muss eine intensive Diskussion über Werte des Zusammenlebens und einer Wertschätzung derjenigen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, stattfinden. Unsere Gesellschaft darf niemals schweigen, wenn Menschen diskriminiert werden. Egal ob virtuell oder im realen Leben.
Ist also eine Bewaffnung unserer politischen Vertreter der Weisheit letzter Schluss, um demokratische Rechten und Pflichten auszuüben? Es stimmt das es leicht und populistisch ist nach härterer Bestrafung zu rufen. Doch mit unserer Vergangenheit, aber auch bei der Gegenwart die wir zu verantworten haben, ist der Ruf nach schnellerer und härterer Bestrafung mehr als gerechtfertigt. Denn unsere Gesetze lassen es zu – wenn sie dann konsequent angewandt würden und manche Zeitgenossen nicht auf dem rechten Auge etwas getrübt wären.
Der Wunsch zur Selbstbewaffnung ist auch ein Hilferuf an Politik, Polizei und der gesamten Gesellschaft von denjenigen, die sich im Stich gelassen fühlen.
Jedoch vergessen wir nicht, eine Bewaffnung ist nicht fortschrittlich, sondern ein Rückschritt. Ein Alarmzeichen für Alle. Denn, Waffen werden nicht zur Abschreckung konzipiert, sondern zum Töten.
Schon gewusst:
- Weltweit existieren schätzungsweise mehr als eine Milliarde Schusswaffen. (Verkaufszahlen)
- Knapp 85 Prozent davon befinden sich in Privatbesitz.
- Nur 15 Prozent gehören zum Militär und der Polizei.
- Nur etwa 100 Millionen der Handfeuerwaffen sind registriert.
- Im Deutschen Schützenbund (DSB) sind rund 1,4 Millionen Schützen organisiert, darunter auch Bogen- oder Armbrustschützen.
- Im Nationalen Waffenregister waren Anfang 2015 rund 5,8 Millionen legale Waffen gespeichert, die sich in Privatbesitz oder im Besitz von Vereinen befanden. Das heißt: Bei 1,45 Millionen Waffenbesitzern (Unsere Bundeswehr besteht aus 250.000 Mitglieder) in der Bundesrepublik besitzt im Schnitt jeder von ihnen etwa vier Waffen.
- Dagegen werden auch 20 Millionen illegale Waffen geschätzt.
Deutsche Sicherheitsbehörden registrieren jedes Jahr eine Zunahme rechter Gewalt. 2018 wurden 24.100 Personen als rechtsextrem eingestuft. Davon wurde ungefähr die Hälfte als gewaltorientiert eingestuft. Zu deren Feindbildern
gehören Asylsuchende, Muslime, Politiker und Zivilisten, die sich ehrenamtlich für Minderheiten einsetzen und die angeblich Schuld an der „Überfremdung“ und den sogenannten „Verlust der nationalen Identität“ haben. Ebenso gibt es laut Jahresbericht des Verfassungsschutzes einen eklatanten Anstieg von Volksverhetzung mit antisemitischer Motivation.
Der Verfassungsschutz stuft beide Gruppierungen als „staatsfeindlich“ ein.
Verschweigen sollte man auch nicht die sogenannten „Reichsbürger“ oder „Selbstverwalter“ deren Mitglieder auf ca. 19.000 geschätzt werden. Sie haben laut Verfassungsbericht eine „anhaltend hohe verbale Aggression sowie ein immanentes Gefährdungspotenzial. Und trotzdem besitzen fast 1000 dieser Personen legal einen Waffenschein bzw. eine Waffenbesitzkarte.
Es ist sehr schwer, fast unmöglich, belegbare Informationen über vorhandene Waffen zu bekommen. Ein Amt schiebt das andere Amt vor. Und über bleibt nur der Gedanke, wenn es so schwer ist, Fakten über legale Waffen zu sammeln, wie schwer ist es dann, über illegalen Waffen zu recherchieren?
Dies alles ist schwer zu verstehen und ist fast geneigt, diejenigen, die sich mit einer Waffe sicherer fühlen, recht zu geben. Doch darf und soll so unsere Gesellschaft aussehen? Wollen wir wirklich diesen Rückschritt, oder wollen wir uns lieber für eine tolerante Gesellschaft einsetzen, ohne das uns Kugeln um die Ohren fliegen?
Todesopfer rechter Gewalt: 169 Schicksale